Friedrich Peltzer mit Meister Kedzierski bei einer schwierigen Modell-Korrektur.

Als Friedrich Peltzer - geborener Berliner, aber in Kiel aufgewachsen und von Kindesbeinen an auf Miniaturen eingeschworen - ab 1930 zur Serienproduktion seiner liebsten Miniatur-Schiffsmodelle übergehen wollte, riet ihm ein befreundeter Volkswirt: "Schmeiß Dein Geld lieber zum Fenster hinaus". Wenn man bedenkt, dass in jener Jahren der Begriff "Modellbau", vor allem in der Spielzeugbranche nahezu etwas Unbekanntes war, so erscheint dieser Ratschlag keineswegs schlecht gemeint. Friedrich Peltzer werkelte trotzdem hartnäckig weiter. Sollte die Begeisterung für die Miniatur-Schiffsmodelle seiner Jugendzeit nicht auch bei Tausenden anderen Jungens vorhanden sein? Ein erster Vertreter glaubte jedenfalls an die kommerzielle Auswertung der Wiking-Idee und klopfte bei den Spielzeughändler an. Vergeblich! Diese neuen Miniatur-Schiffsmodelle besaßen ja keine der gewohnten Spiel-Funktionen, sie schwammen nicht, hatten kein Uhrwerk usw. Die Inhaberin eines kleinen Fachgeschäftes in der Nähe der Werkstätte und einer Schule konnte endlich überredet werden: "Stellen Sie doch bitte unsere Schiffe einmal ins Schaufenster, ja?" Und da geschah es! Um 12 Uhr war die benachbarte Schule aus, die Jungens kamen vorbei, um 3 Uhr bestellte das Geschäft nach. Die ersten Wiking-Modellschiffe waren verkauft. Dann wurden weiterhin Sammler und Modellfreunde Kunden, der Betrieb wuchs. Neue erstklassige Mitarbeiter, so der einmalige Modellbaumeister Alfred Kedzierski, standen Friedrich Peltzer zur Seite.

Zu den Schiffmodellen im Maßstab 1:1250 traten in der Vorkriegszeit noch Flugzeug- und Verkehrsmodelle im Maßstab 1:200. Die Flugzeug-Modelle führten zu einer Ausweitung der Produktionsmethoden von Metallguss auf den thermoplastischen Spritzguss, was in jenen Jahren eine Pionier-Leistung bedeutete. Neuartige Wege der Formenherstellung wurden beschritten. Dann kam der Krieg. Sofort nach Kriegsende kurbelten neue Mitarbeiter im teilweise zerstörten Betrieb eine notdürftige Produktion von Kämmen und Schiffmodelle auf den erhalten gebliebenen Spritzgussmaschinen an. Dann wurden die ersten Typen der Wiking-Verkehrs-Modelle im Maßstab 1:100 bzw. 1:90 entwickelt. und die alten Kundenkontakte wieder aufgefrischt. Währungsreform und vor allem die Berliner Blockade brachten nochmals harte Rückschläge. Ab 1949 wurde die Produktion auf die neue Serie der Wiking-Verkehrs-Modelle konzentriert, die wegen ihres genauen Maßstabes auch in Fahrschulen, Verkehrspolizei und Gerichten als Anschauungs- und Lehrmaterial dient. Gleichzeitig nahm Wiking auch die Fertigung von Sondermodellen auf. Als erstes Modell erschien in Zusammenarbeit mit dem Volkswagenwerk 1949 der "Gläserne Volkswagen" im Maßstab 1:40. Weitere VW-Modelle, sowie Schlepper- und Kranmodelle folgten. Die bewusste Begrenzung der Produktion auf wenige Modell-Gruppen und die Beachtung bester Qualitätsausführungen sorgten für steigenden Umsatz und auf eine ständige

Ausweitung des Unternehmens, das mit rund 250 Beschäftigten und einem Zeigbetrieb in Kiel im Jahr über 5 Millionen Modelle allein der Verkehrs-Serie herstellt. Das Sortiment dieser Serie umfasst über 140 verschiedene Typen. Führende Fahrzeug-Fabriken bestellten bei Wiking Modelle für ihre Werbung und die Autoingenieure schwärmen von der Präzision dieser Miniatur-Modelle. Die damals erschienen Modelle zeigen, was Friedrich Peltzer unter Präzision versteht und er geht hierbei notfalls mit dem Kopf durch die Wand, nur damit alles hundertprozentig stimmt. Mögen z.B. die Werkzeugkosten für das Sondermodell VW 1500 auf über damals DM 80.000,00 klettern, Friedrich Peltzer ist der Meinung, dass der Ruf und der Umsatz der Firma mitklettern.

Und wenn man sich mit ihm, der so gar nicht nach Fabrikant aussieht, in seinem kleinen, von Modell-Teilen überquellenden Chefbüro unterhält, spürt man, dass hier ein schöpferischer Mensch und typischer Spielzeug-Entwerfer den Nagel auf den Kopf getroffen hat.

 

1963 erschienen. Wiking-Modellbau, Berlin.